Die Vermittlung digitaler Kompetenzen im stärksten Ausbildungsberuf der Chemie-Branche kommt einen großen Schritt voran: Zum 1. August 2018 tritt bundeseinheitlich die neue Wahlqualifikation (WQ) "Digitalisierung und vernetzte Produktion" in Kraft. Sie kann von allen Unternehmen genutzt werden, die Chemikanten/innen ausbilden. Im vergangenen Jahr hat der BAVC gemeinsam mit der IG BCE die Chance genutzt, in einem "agilen Ordnungsverfahren" die neue Wahlqualifikation in Rekordtempo auf den Weg zu bringen.
Vorteile erkennen und Chancen jetzt nutzen
In einer wachsenden Zahl von Chemieunternehmen gewinnt die Digitalisierung und Vernetzung der Wertschöpfungsketten an Bedeutung. Hiervon ist auch die Produktion betroffen.
Die Vernetzung von IT-Systemen und Produktionsanlagen, der Einsatz mobiler Endgeräte, intelligenter Software und Apps, die Nutzung umfangreicher Datenanalysen (Big-Data) und Simulationen, aber auch der Einsatz künstlicher Intelligenz schafft neue Möglichkeiten der Automatisierung und Prozessoptimierung. Gleichzeitig bilden diese Technologien die Grundlage für ganz neue, digitale Geschäftsmodelle.
Dieser technologische Fortschritt hat Auswirkungen auf die Arbeitsweise der Mitarbeiter/innen in der Produktion und führt zu veränderten Qualifikationsanforderungen an den Facharbeiterberuf "Chemikant/in".
Die WQ bietet Ihnen als Ausbildungsbetrieb mehrere Vorteile. Einerseits können Sie vorausschauend auf digitale Veränderungsprozesse in Ihrem Unternehmen reagieren. Sie haben die Chance, die Ausbildungsabteilung als Innovationsmotor zu präsentieren, indem Sie frühzeitig Nachwuchskräfte mit digitalen Kompetenzen zur Verfügung stellen können.
Anderseits steigern Sie die Attraktivität Ihres Ausbildungsbetriebes und des Berufes "Chemikant/in" gegenüber Schülerinnen und Schülern, wenn Sie auf digitale Technologien und Inhalte setzen. Dies kann ein Vorteil im Wettbewerb um junge Nachwuchskräfte sein.
In den Betrieben, die zum / zur Chemikant*in ausbilden, nutzen mit jedem neuen Einstelljahrgang gut 600 Auszubildende die digitale Wahlqualifikation.
Die Inhalte der neuen Wahlqualifikationen basieren auf Rückmeldungen zahlreicher Ausbildungsexperten und -expertinnen der Chemiebranche. In einem "agilen Ordnungsverfahren" haben Sachverständige der Chemie-Sozialpartner gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) diese Rückmeldungen aufgenommen und auf dieser Grundlage eine technologieoffen-formulierte Wahlqualifikation erarbeitet. Als Sachverständige waren Vertreter von BASF, Bayer, Evonik, Henkel, Merck, Provadis und Wacker aktiv.
Das Verfahren wurde seitens der Chemie-Sozialpartner vom Bundesarbeitgeberverband Chemie e.V. (BAVC) und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) koordiniert.
Die Formulierungen (zu vermittelnde Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten) der WQ II. 20 "Digitalisierung und vernetzte Produktion" im Wortlaut:
Den Verordnungstext können Sie hier herunterladen
Nein, die bestehende Ausbildungsordnung bleibt unverändert erhalten. Die neue Wahlqualifikation stellt eine Ergänzung im Rahmen der bestehenden Strukturen dar.
Moderne Ausbildungsordnungen bzw. -rahmenpläne können recht flexibel auf den technologischen Wandel reagieren. Der Grund: Sie sind offen und technikneutral formuliert. Dies gilt auch für die Verordnung des Chemikanten. Eine Prüfung mit Ausbildungsexperten/innen aus der chemischen Industrie hat ergeben, dass berufsbezogene, digitale Kompetenzen den bestehenden Berufsbildpositionen zugeordnet und damit verbundene Ausbildungsinhalte ohne Änderung der Verordnung vermittelt werden können, d. h. Ausbildungsbetriebe, die zum Chemikanten ausbilden, können schon heute je nach Relevanz digitale Kompetenzen bedarfsbezogen fördern.
Darüber hinaus ist es ab dem 1. August 2018 möglich, durch die neue Wahlqualifikation II.20 "Digitalisierung und vernetzte Produktion" das Thema weiter zu vertiefen. Die neue Wahlqualifikation fasst digitale Kompetenzen im Berufsbild "Chemikant/in" zusammen und gibt den Betrieben mehr Ausbildungszeit für deren Vermittlung.
Nein, die Prüfungsmodalitäten ändern sich durch die neue WQ nicht. Wie bisher auch, werden die WQs im Rahmen der praktischen Prüfung berücksichtigt.
Für die neue WQ gibt es kein eigenes Wahlpflichtlernfeld (WLF) in der Berufsschule. Sie wird im Rahmen der bestehenden Lernfelder (LF) und WLF integrativ über die Ausbildungszeit vermittelt. Dies hat den Vorteil, dass Digitalisierungthemen bereits ab dem zweiten Schuljahr Eingang in den Berufsschulunterricht finden.
Weitere Details zur Umsetzung der WQ in der Berufsschule können Sie im Rahmenlehrplan der Kultusministerkonferenz (KMK) einsehen. Hier finden Sie auf Seite 51 in der Liste der Entsprechungen zwischen Ausbildungsrahmenplan und Rahmenlehrplan die Zuordnung der neuen WQ zu den bestehenden LF und WLF.
Zum Start der neuen WQ "Digitalisierung und vernetzte Produktion" haben die Sachverständigen der Chemie-Sozialpartner erste Umsetzungsbeispiele und -ideen erarbeitet. Diese finden in der entsprechenden Rubrik auf dieser Seite. Da wir uns noch am Beginn des Digitalisierungsprozesses befinden, sind diese nicht abschließend, sondern als Anregung zu verstehen, wie ein Ausbildungsbetrieb digitale Kompetenzen vermitteln könnte.
Wenn Sie weitere Beispiele und Anregungen für uns haben, würden wir uns sehr freuen, wenn Sie uns diese zur Verfügung stellen. Denn die digitale Arbeitswelt lebt auch von digitaler Kollaboration und dem Teilen von Good-Practices. Nutzen Sie dazu unser Online-Formular und reichen Sie Ihr Umsetzungsbeispiel ein!
In der Ausbildungsordnung Chemikant/in sind Wahlqualifikationen vorgesehen. Diese bieten jedem Betrieb die Möglichkeit, abhängig von seinem Bedarf bestimmte Inhalte im Rahmen der Ausbildung weiter zu vertiefen. Insgesamt stehen mit der neuen WQ nun insgesamt 20 verschiedende Schwerpunkte zur Verfügung, von denen vier vom Betrieb zu wählen sind. Die Inhalte der WQs werden im Rahmen der praktischen Prüfung berücksichtigt. Es gibt keinen zusätzlichen Prüfungsaufwand.
Bei Zusatzqualifikationen (bundeseinheitlich oder kammerspezifisch) handelt es sich um zusätzliche Inhalte, die der Betrieb über den Rahmen der Ausbildungsordnung hinaus vermitteln kann. Zusatzqualifikationen kommen meist für besonders leistungsstarke Auszubildende in Betracht und werden von der zuständigen Kammer gesondert geprüft. Hierdurch entsteht weiterer Prüfungsaufwand.
Die neue WQ "Digitalisierung und vernetzte Produktion" tritt zum 1. August 2018 in Kraft. Sie gilt für alle neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge.
In der digitalen vernetzten Produktion selbstorganisiert arbeiten und digitale Kommunikationsmittel einsetzen, in virtuellen Teams mitwirken
Daten digital erfassen, prüfen, auswerten und sichern
Fehler beim Datenaustausch zwischen digitalen Systemen erkennen und Maßnahmen zur Beseitigung der Fehler einleiten
Datenanalysen oder Simulationen für die Optimierung von Produktionsprozessen und die vorausschauende Instandhaltung von Produktionsanlagen nutzen
Software-Applikationen des Betriebes mit mobilen und stationären Arbeitsmitteln einsetzen
Digitale Medien für das Lernen im betrieblichen Alltag selbsttätig nutzen
Rechtliche und betriebliche Vorgaben zum Schutz und zur Sicherheit digitaler Daten im Produktionsprozess einhalten
Bevor Sie mit dem Ausfüllen des Online-Formulars beginnen, empfehlen wir Ihnen, Ihre Texte zu den nachfolgenden Fragen vorab in Ruhe zu formulieren (z. B. in Word). Wenn die Texte final vorliegen, fügen Sie diese in das Online-Formular ein.
Das Online-Formular ist frei zugänglich. Optional können Sie eigenes Bild- und Videomaterial Ihrem Umsetzungsbeispiel beifügen. Um die Upload-Funktion für Fotos / Videos zu nutzen, benötigen Sie ein Passwort, dass Sie bei uns unter kontakt@elementare-vielfalt.de anfordern können.
Um was geht es in Ihrem Umsetzungsbeispiel? Was ist die Aufgabenstellung / der Arbeitsauftrag?
Umfang: max. 60 Zeichen„Mobiles Lernen im Ausbildungstechnikum”
In welchem "digitalen Kontext" steht Ihr Umsetzungsbeispiel? Was ändert sich im Beruf bzw. bei der Tätigkeit?
Umfang: max. 400 Zeichen„Smartphones und Tablets werden verstärkt in der chemischen Produktion eingesetzt. Viele Informationen sind ausschließlich in digitaler Form verfügbar. Auch die Kommunikation wird digital organisiert, z. B. über Plattformen, Cloud- und Messengerdienste. In bestimmten Fällen findet die Zusammenarbeit in virtuellen Teams statt. Dabei ersetzen betriebsspezifische Collaboration-Tools reale Treffen im Besprechungsraum.”
Welche digitale Kompetenz soll vermittelt werden? Was ist das Lernziel?
Umfang: max. 1250 Zeichen„Der Auszubildende ist mit den Besonderheiten (z. B. Prozesse, Verhaltensregeln) einer digitaler Arbeitsorganisation vertraut. Hierzu zählen auch Kenntnisse zum Datenschutz und der Informationssicherheit sowie zu betriebsspezifischen Compliance-Vorgaben. Darüber hinaus ist der Auszubildende im Rahmen seiner Tätigkeit in der Lage, geeignete Hard- und Software auszuwählen und mit dieser effizient zu arbeiten. Er kennt und nutzt interne sowie vertrauenswürdige externe Informationsquellen und wählt geeignete Daten / Informationen abhängig von der jeweiligen Aufgabenstellung aus. Diese bearbeitet er und bereitet sie ggf. für eine Ergebnispräsentation auf.”
Wie können die digitalen Kompetenzen in der Ausbildung vermittelt werden?
Umfang: max. 1250 Zeichen„Der Auszubildende startet am Smartphone oder Tablet eine App. Hier kann er verschiedene Anwendungen und Lernsequenzen auswählen und abarbeiten (z. B. Checklisten von diversem Equipment [Pumpe, Verdichter usw.], Kontrolle der Kühlwasserverbräuche, manuelle Datenerfassung vor Ort). Dabei hat er die Möglichkeit sich frei im Ausbildungstechnikum zu bewegen. Die Geräte haben idealerweise eine Onlineverbindung zu den SMR- und / oder Prozessleitsystemen. Alternativ werden sie offline betrieben oder per Docking-Station angebunden und ausgelesen. Informationen z. B. zu einer verfahrenstechnischen Übungsanlage werden dem Auszubildenden digital zur Verfügung gestellt. Zusätzlich sind RFID- oder QR-Codes an ausbildungsrelevanten Anlagenteilen und in der Lernumgebung angebracht. Durch einen QR-Code-Scan erhält der Auszubildende Zugang zu interaktiven Lernsequenzen, digitalen Dokumenten und gerätespezifischen Unterlagen. Auf diese Weise sind Aufgabenstellungen, Lerninhalte, Lehrfilme (Tutorials) und Informationen wie R & I-Fließbilder, Bedienungsanleitungen, Betriebsanweisungen, Datenblätter und Funktionsweisen über die einzelne Anlagenteile vor Ort verfügbar. Die Kommunikation zwischen Auszubildenden, der Messwarte und dem Ausbilder/ Lernbegleiter erfolgt über firmenspezifische Plattformen, wie z. B. Cisco-Spark, WebEx, Skype.”
Was sollten die Ausbilder/innen bei der Umsetzung beachten (methodisch / didaktisch)?
Umfang: max. 400 Zeichen„Der Umgang mit digitalen Medien erfordert eine Sensibilisierung des Auszubildenden, da die Freizügigkeit im Umgang mit Daten im privaten Umfeld nicht in die Arbeitswelt übertragen werden darf. Vor dem Einsatz digitaler Instrumente im Betrieb ist zu empfehlen, dem Auszubildenden die Grundlagen zum Datenschutz- und zur Datensicherheit im Betrieb zu vermitteln. Hierbei sollte auch auf die Compliance-Richtlinien des Unternehmens sowie die Besonderheiten bei digitalen Geräten in Ex-Bereichen hingewiesen werden. Zudem kann es sinnvoll sein, über Bild- und Urheberrechte in Grundzügen zu informieren.”
Programmleiter Nachwuchsmarketing
Elementare Vielfalt (ElVi),
Bildung und Innovation
Bundesarbeitgeberverband Chemie e.V. (BAVC)
Abraham-Lincoln-Straße 24
65189 Wiesbaden